Toyota in Le Mans: 19 vergebliche Versuche

Toyota und das 24h Rennen von Le Mans. Eine lange Geschichte, die mit etwas mehr Glück ganz anders aussehen könnte. Bisher kämpft Toyota nämlich Jahr für Jahr um den allerersten Sieg an der Sarthe, der schon mehr als einmal ganz klar vor den Augen der Toyota-Mannschaft erschien.

Der Übersicht halber, habe ich die Chronologie in mehrere Seiten eingeteilt:
Seite 1: Gruppe C
Seite 2: GT1
Seite 3: LMP1

Die Gruppe C-Ära

1985 – Toyotas Le Mans-Premiere


Toyotas erster Versuch in Le Mans fand 1985 statt. Satoru Nakajima, Masanori Sekiya und Kaoru Hoshino kamen Dank zuverlässiger Technik auf Rang 12 ins Ziel. Gegen die dominierenden Porsche 956 und Porsche 962C hatten weder Toyota noch Lancia eine Chance.
Chassishersteller Dome setzte auf eigene Faust außerdem ein nahezu baugleiches Auto ein, welches allerdings im Laufe des Rennens mit einer defekten Kupplung ausfiel.
Beide verfügten über einen 4-Zylinder Turbomotor mit 2,1 Litern Hubraum und ca. 600 PS. Per 5-Gang-Getriebe wurde die Kraft an die Hinterräder übertragen.

1986 – Zweiter Versuch


Im folgenden Jahr traten ebenfalls je ein Auto unter der Nennung von Toyota (Tom’s) und Dome an. Bei dem Modell 86C handelte es sich um eine Weiterentwicklung des Vorjahresautos.
In der Endabrechnung gab es allerdings nicht viel vorzuweisen: Der Dome wurde nicht gewertet und der Toyota fiel aus.

1987 – Totalausfall


Im Jahr 1987 beschloss Toyota sein Engagement in der Sportwagen-Szene zu verstärken und so setzte das Einsatzteam Tom’s zwei neue Toyota 87C-L ein, die zwar weiterhin von einem 2,1-Liter Turbomotor angetrieben wurden, der aber komplett neu entwickelt wurde. Resultat: Beide Autos fielen aus (bei einem war der Sprit zu knapp kalkuliert und der andere erlitt einen Motorschaden) und konnten nur 19 bzw. 39 Runden absolvieren.
Gewertet wurden von 48 Startern damals übrigens nur 12.

1988 – Immerhin im Ziel


By FormulanoneOwn work, CC BY-SA 3.0, Link
Der 1988 eingesetzte Toyota 88C war eine Weiterentwicklung im Vergleich zu seinem Vorgänger. In der Endabrechnung wurden die Toyotas auf Rang 12 und 24 gewertet. Im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Erfolg.

1989 – Totalausfall trotz drei gestarteter Autos


In 1989 setzte Toyota neben einem Vorjahresauto (88C) zwei neue 89C-V (Foto oben) ein, die einen neuen 3,2-Liter V8-Turbomotor hatten und in der Klasse C1 starteten. Toyotas ernüchternte Bilanz stand bereits nach Runde 58 fest: Alle drei Autos waren ausgefallen.

1990 – Rang 6 und zwei Ausfälle


Auch 1990 brachte Toyota insgesamt drei Autos an den Start. Alle vom neuem Typ 90C-V – einer Weiterentwicklung des Vorjahresmodells. In der Qualifikation reichte es für den 10. Startplatz.
Nachdem ein Toyota in Stunde vier durch einen Unfall ausgeschieden war und ein weiterer nach 18 Stunden mit Motorschaden aufgeben musste, kam der einzige verbleibende Toyota (Geoff Lees, Masanori Sekiya, Hitoshi Ogawa) auf Rang 6 ins Ziel.

1992 – Comeback auf Formel 1-Niveau


Toyota gönnte sich 1991 eine Auszeit und kam 1992 mit dem Toyota TS010 nach neuem Reglement zurück nach Le Mans. Die Fahrer bezeichneten die Fahrzeuge als Formel 1-Boliden mit verkleideten Rädern, was sich auch an den Rundenzeiten zeigte. In Monza waren die Prototypen sogar schneller als die Formel 1. Der 3,5-Liter-V10-Motor hatte fast 700 PS, die auf ein Fahrzeuggewicht von 750 Kilogram trafen. In den Kurven erreichten die Piloten bis zu 5G!

Das neue Auto brachte Toyota in Le Mans sein bisher bestes Ergebnis ein: Rang 2 für Masanori Sekiya, Pierre-Henri Raphanel und Kenny Acheson hinter dem siegreichen Peugeot 905.

Toyota selbst hatte neben dem zweitplatzierten einen weiteren TS010 (Rang 8) und einen Toyota 92C-V (Rang 9) am Start. Das Greddy Trust Racing Team setzte einen weiteren Toyota 92C-V ein, der sogar auf Rang 5 ins Ziel kam.

1993 – Wieder war jemand anders schneller


1993 musste sich Toyota mit seinen zwei TS010 den übermächtigen Peugeot geschlagen geben, die mit ihren weiterentwickelten 905 klar das Tempo vorgaben. Für die zwei Werksautos sprangen Rang 4 und 8 heraus, während die privat eingesetzten Toyota 93C-V auf Rang 5 und 6 das Ziel erreichten.

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1994 – Knapp geschlagen


By David Merrett from Daventry, England – 1994 Toyota 94C-V, CC BY 2.0, Link
Das Privatteam SARD hat erstmals die reale Chance mit einem Toyota das 24h-Rennen zu gewinnen. Doch ca. 1,5 Stunden vor Schluss geht das Schaltgestänge des Führenden Toyota 94C-V kaputt und Eddie Irvine, Mauro Martini und Jeff Krosnoff müssen sich dem Dauer-Porsche auf Rang 2 geschlagen geben.

Damit war auch das Ende der Gruppe C-Ära in Le Mans besiegelt. Weiter geht es auf der nächsten Seite mit der Blütezeit der GT1.

Die GT1-Ära

Als Nachfolger der Gruppe C wurde 1995 die Gruppe GT1 ins Leben gerufen, die von nun an die schnellsten Autos in Le Mans stellten.

1995 – Nicht kompromisslos genug


1995 erfolgte der Angriff in der GT1-Kategorie: SARD und Nisso Trust Racing setzten je eine Supra GT LM ein. Unter der Haube befand sich allerdings nicht der berühmte 2JZ-Turbomotor mit sechs Zylindern, sondern der 2.1 Liter Vierzylinder, den Toyota bereits in seinen Gruppe C-Prototypen eingesetzt hatte. In der Supra leistete er ca. 650 PS.
Während die Nisso-Supra ausfiel, kam die SARD-Supra nach einem Getriebewechsel und Problemen mit dem Unterboden und einem defekten Kühler auf Rang 14 ins Ziel.
Ein beachtliches Ergebnis, wenn man bedenkt, wie viele Probleme die Supra hatte.

1996 – Ausgefallen


Im Folgejahr trat Toyota mit einer stark überarbeiteten Supra an. Man hatte erkannt, dass die kompromissloser konstruierten McLaren F1 und Mercedes CLK GTR sonst zu überlegen wären.
Die Kotflügel wurden verbreitert, größere Flügel angebracht und die Kühlung verbessert. Doch Probleme mit Kühlung und Bremsen warfen diese erneut weit zurück bis sie schließlich ausfiel.

Auch der SARD MC8-R (ein umgebauter Toyota MR2 mit V8 im Heck) kam nur als Vorletzter ins Ziel.

1998 – Kein Getriebeöl, kein Sieg


Toyota hatte aus den Vorjahren gelernt und in 1997 einen reinrassigen GT1 entwickelt. Der erste Einsatz des Toyota GT-One TS020 erfolgte bei Le Mans 1998. Da Toyota die Möglichkeiten des GT1-Reglements voll ausgenutzt hatte (es war nur ein Straßenzugelassenes Modell notwendig) galt das Toyota Team Europe mit seinen Boliden als Favorit. Als Antrieb der 920 Kilogram schweren Mittelmotor-Sportwagen kam ein V8-Biturbo mit offiziell 630 PS zum Einsatz.

Mit dem Sieg vor Augen fiel der Führende GT-One (Thierry Boutsen, Ralf Kelleners, Geoff Lees) mit einem Getriebeschaden durch Ölverlust kurz vor Ende des Rennens aus. Der Sieg ging an Porsche mit dem 911 GT1.
Der Zweite GT-One mit rein japanischer Besatzung (Ukyō Katayama, Toshio Suzuki, Keiichi Tsuchiya) kam auf Rang 9 ins Ziel.

Immerhin gelang Martin Brundle im Toyota mit 3:41,809 min (Schnitt: 220,812 km/h) die schnellste Rennrunde.

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1999 – Rang 2 (mal wieder)


Auch 1999 gelang kein Sieg an der Sarthe. Nachdem Allan McNish, Thierry Boutsen und Ralf Kelleners in Führung liegend von einem Konkurrenten ins Aus geschossen worden waren, verhinderte ein Reifenschaden am Auto von Ukyo Katayama, Toshio Suzuki und Keiichi Tsuchiya auch den Erfolg des Schwesterautos. Der verbliebene Toyota GT-One erreichte immerhin auf Rang 2 das Ziel.

Nachdem 1999 wieder kein Erfolg gefeiert werden konnte, zog sich Toyota für lange Zeit aus der Welt der internationalen Langstreckenrennen zurück. Das Comeback in der Klasse der LMP1 wurde erst in 2011 verkündet.

Damit geht es weiter auf der nächsten Seite.

Die Hightech-LMP1-Ära

Die Klasse LMP1 wurde von FIA und ACO nach und nach zur Top-Kategorie in Le Mans aufgebaut. Seit 2012 kommen dort Hybrid-Prototypen der Werksteams und Non-Hybrid-Prototypen der Privatteams zum Einsatz.

2012 – Abgeschossen beim Comeback

Toyota TS030 Hybrid – Le Mans 2012 (Foto: Michelin Motorsport WEC/© Florent Gooden)
2012 erfolgte Toyotas Comeback mit einem aktuellen Hybrid-Prototypen: Der Toyota TS030 Hybrid hatte einen 3,4-Liter-V8-Motor und zusätzlich ein System zur Rückgewinnung von Bremsenergie an Board.
Nach dem Rückzug von Peugeot hatte Toyota vier Audi R18 als Gegner. Unglücklicherweise schieden beide TS030 durch Kollisionen mit langsameren Teilnehmern aus und so gelang Audi ein Dreifach-Sieg.

2013 – Glücklos


Toyota brachte 2013 beide Toyota TS030 Hybrid ins Ziel. Allerdings musste sich das japanische Team Audi knapp geschlagen geben und kam auf Rang 2 und 4.
Der Sieg ging am Ende wieder einmal an Audi: Der R18 e-tron mit der Fahrerbesetzung Tom Kristensen, Allan McNish und Loïc Duval stand am Ende ganz oben auf dem Treppchen.

2014 – In Führung liegend ausgefallen


Bei der Ausgabe 2014 gelang Toyota mit der Trainingsbestzeit von Kazuki Nakajima (3.21,789 min, Durchschnitt: 243,1 km/h) schon mal ein Achtungserfolg. Im Rennen sah es dann wieder anders aus: Anthony Davidson, Sébastien Buemi und Nicolas Lapierre kamen als bestes Toyota-Team auf Rang 3 ins Ziel. Das Schwesterauto fiel in Führung liegend Sonntag morgens mit einem defekten Sensor aus. Der Sieg blieb durch diesen Ausfall weiterhin unerreichbar.

2015 – Nicht ganz auf der Höhe

Einer der Toyota TS040 Hybrid bei der technischen Abnahme für Le Mans 2015 (Foto: FIA WEC)
Im Jahr 2015 startete Toyota zwar durch den Sieg in der FIA WEC 2014 mit den Startnummern 1 und 2, musste sich aber wieder einem anderen Hersteller geschlagen geben. Ein Jahr nach seinem Le Mans Comeback feierte Porsche einen Doppelsieg. Die Toyotas konnten nicht mit der Speed von Audi und Porsche mithalten und kamen deutlich abgeschlagen auf Rang 6 und 8 ins Ziel. [aawp box=“B0711XM7W7″]

2016 – Bittere Niederlage


Toyota überarbeitete für 2016 das komplette Auto und dessen Antriebskonzept. Statt eines V8-Saugers kommt seit 2016 ein V6-Turbo mit 2,4 Litern Hubraum zum Einsatz.

Es dürfte die bis dahin bitterste Niederlage für Toyota gewesen sein. Nur eine Runde vor Ablauf der 24 Stunden rollt der bis dahin Führende Toyota TS050 #5 mit Kazuki Nakajima hinterm Steuer auf der Start- und Zielgeraden aus. Er schaffte es zwar mit Elektro-Power noch als Zweiter ins Ziel, wurde aber nicht gewertet, da im Reglement festgeschrieben ist, dass die letzte Runde maximal 7 Minuten dauern darf, was Nakajima nicht einhalten konnte.

Porsche erbte den Sieg und macht damit bei Toyotas 18. Versuch in Le Mans seine 18 Gesamtsiege voll. Das Schwesterauto mit der #6 (Stéphane Sarrazin, Mike Conway, Kamui Kobayashi) wurde auf Rang zwei gewertet.

2017 – Verkettung unglücklicher Umstände

Toyota TS050 Hybrid – Le Mans 2017 (Foto: Toyota)
Mit dem stark überarbeiteten TS050 Hybrid sollte 2017 endlich der Sieg her. Der neue Rundenrekord von Kobayashi war schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Die ersten 10 Stunden sah es auch ganz danach aus dass es etwas mit dem Sieg werden könnte und Toyota gab das Tempo an. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse: Zunächst verabschiedete sich die führende #7 (Kamui Kobayashi) mit Kupplungsdefekt, nachdem Kobayashi das Handzeichen eines anderen Fahrers mit dem eines Marshalls verwechselt hatte (die Hintergründe könnt ihr hier lesen). Kurze Zeit kam nach einer Kollision und daraus resultierendem Ölverlust auch das Aus für die #9.
Der verbleibende Toyota TS050 #8 wurde als Achter gewertet, da durch einen Defekt am vorderen Antriebsmotor viel Zeit verloren ging.

https://www.youtube.com/watch?v=2IZon2By_8o

Und wo bleibt das Happy End?

Ob 2018 die Geschichte zwischen Toyota und Le Mans endlich ein Happy End findet? Ich drücke feste die Daumen, denn nach 19 Versuchen hat es sich kaum ein Hersteller mehr verdient.

Die Chancen stehen auch recht gut: Porsche ist ebenfalls ausgestiegen und ansonsten scheinen in den nächsten Jahren nur Privatteams in der LMP1 vertreten zu sein.

Toyota könnte sich dann eigentlich nur selbst schlagen. Denn gilt selbstverständlich nach wie vor die alte Motorsport-Weisheit „If you want to finish first, you first have to finish.“

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