Basis Porsche 911 – Die Rennfahrzeuge im Vergleich

Porsche 911 GT3 RS, GT3 Cup, GT3 R & 911 RSR (v.l.n.r.)

Porsche 911 GT3 RS, GT3 Cup, GT3 R & 911 RSR (v.l.n.r.)

Immer öfter habe ich in letzter Zeit gelesen, dass sich die Leute fragen, was eigentlich genau der Unterschied zwischen den verschiedenen 911er Rennversionen von Porsche ist. Gerade der Vergleich von 911 GT3 R und 911 RSR bei Grip und der Einstieg von Ring Police und JP Performance in die ADAC GT Masters riefen solche Fragen immer wieder hervor.

Deshalb habe ich mal ein paar Stunden investiert und für euch recherchiert. Falls ihr keine Lust habt, alle 1500 Wörter zu lesen, hier das Inhaltsverzeichnis ?

Inhalt
Seite 1: Einleitung
Seite 2: Motor & Getriebe
Seite 3: Karosserie, Gewicht & Reifen
Seite 4: Ausstattung & Besonderheiten
Seite 5: Aerodynamik
Seite 6: Preis
Seite 7: Video-Vergleich von Grip


Einleitung

Damit sich auch alle etwas unter den Fahrzeugen vorstellen können, habe ich erstmal eine kurze Einleitung für euch. Verglichen habe ich übrigens alle Fahrzeuge der Baureihe 991.

Porsche 911 GT3 RS

Der Porsche 991 GT3 RS ist das Straßenmodell, auf dem zahlreiche Rennfahrzeuge von Porsche basieren. Fahrwerk, Getriebe, Kühlung und Co. sind selbstverständlich an die Anforderungen der StVO angepasst und im Fußraum findet man normalerweise noch Teppich. Außerdem ist er der einzige Zweisitzer in diesem Vergleich.
Häufig ist für die Homologation (Zulassung) eines Rennwagens im Motorsport eine bestimmte Stückzahl an Serienfahrzeugen per Reglement vorgeschrieben. Mit dem 911 GT3 RS werden diese Vorgaben erfüllt und deswegen müssen schon bei der Entwicklung des Straßenmodells die Anforderungen des Motorsports bedacht werden.

Porsche 911 GT3 Cup

Der Porsche 991 GT3 Cup ist das Fahrzeug für die Markenpokale der Zuffenhausener. Hauptsächlich wird er für den Porsche Supercup gebaut, aber viele der Fahrzeuge werden auch in den nationalen Porsche Cups und in anderen Rennserien wie VLN, Bergrennen usw. eingesetzt. Mit etwas Geschick und ein paar Umbauten ist sogar eine Straßenzulassung machbar und das Fahrzeug kann bei Rallies eingesetzt werden.

Porsche 911 GT3 R

Der 991 GT3 R ist Porsches Fahrzeug für die hart umkämpfte Klasse der FIA GT3 Fahrzeuge und kommt überall dort zum Einsatz, wo diese Fahrzeuge startberechtigt sind. Die Konkurrenz mit BMW M6 GT3, Audi R8 LMS, Mercedes AMG GT3 und Co ist hart und deswegen hat der 911 GT3 R für 2018 ein Update bekommen. Eine Straßenzulassung ist eigentlich nicht machbar. Die Leistung der Fahrzeuge in dieser Klasse wird durch die Balance of Performance (BoP) angepasst, die die Veranstalter festlegen. Parameter sind beispielsweise Luftmengenbegrenzer, Tankvolumen und Gewicht.

Porsche 911 RSR

Der 991 RSR ist die extremste Rennversion des 911ers. Aufgebaut nach dem Reglement der Klasse GTE, hat das Fahrzeug im Vergleich zum GT3 R noch einige Vorteile, auf die ich in den nächsten Seiten eingehe. Im Gegensatz zu den beiden anderen Rennwagen ist er weniger seriennah und eher ein Prototyp. Startberechtigt ist der RSR eigentlich nur in FIA WEC, IMSA und der ELMS. Die Leistung wird ebenfalls durch die BoP geregelt. Straßenzulassung? Was ist das denn?

Motor & Getriebe

Kommen wir nun zu den Motoren, die diese Fahrzeuge antreiben. In dieser Disziplin sind die Unterschiede noch recht klein.
Bei allen vier Modellen kommt ein Boxermotor mit sechs Zylindern, 4 Litern Hubraum und ohne Turbolader zum Einsatz. 911 GT3 R und 911 RSR werden per Reglement in Sachen Motorleistung begrenzt, beim 911 GT3 RS und Cup entscheidet Porsche selbst wie viel Leistung die beiden Fahrzeuge haben sollen.

Prinzipiell basieren die Motoren der Rennwagen auf dem Serienaggregat mit Direkteinspritzung, vier Ventilen pro Zylinder und Trockensumpfschmierung.

Interessant finde ich in dieser Disziplin besonders, dass das Straßenmodell, welches gleichzeitig auf der Rennstrecke das langsamste dieser Fahrzeuge sein dürfte, am meisten Leistung hat. PS sind eben nicht alles!
Zum Drehmoment von 911 GT3 R und 911 RSR habe ich leider keine Angaben gefunden.

Getriebe

Beim Straßenfahrzeug 911 GT3 RS kommt ein Doppelkupplungsgetriebe (PDK) mit 7 Gängen zum Einsatz, welches automatisch oder mit den Wippen am Lenkrad geschaltet wird. Ein Kupplungspedal ist nicht vorhanden.

Innenraum des Porsche 991.2 GT3 RS (Foto: Porsche)

In den Rennwagen dagegen stecken sequentielle 6-Gang Getriebe mit gerade verzahnten Gangrädern. Dies verbessert die Kraftübertragung bzw. den Wirkungsgrad des Getriebes. Die gerade Verzahnung sorgt übrigens auch immer für dieses hochfrequente Geräusch, welches viele mit einem Kompressor verwechseln.
Geschaltet wird pneumatisch mit den Wippen am Lenkrad und ohne Kupplung. Diese wird nur zum Anfahren benötigt. Das Schalten ohne Kupplung verringert allerdings auch die Lebensdauer der Getriebekomponenten, weswegen die teure Revision des Getriebes zur regelmäßigen Wartung gehört.

Karosserie, Gewicht & Reifen

Karosserie

Grundsätzlich werden alle Fahrzeuge auf normalen Karossen des Porsche 911 (Baureihe 991) aufgebaut. Außen herum kommen dann die modellspezifischen Bauteile, die gerade bei den schnelleren Modellen meist aus leichten Verbundwerkstoffen bestehen. Auch die Scheiben werden in der Regel nicht aus Glas gefertigt.

Die Rennfahrzeuge sind außerdem im Rahmen der Grenzen des Reglements der jeweiligen Motorsportserie verbreitert worden, was den mechanischen Grip verbessert und mehr Platz für breitere Reifen schafft. Die Länge ist bei allen Fahrzeugen nahezu identisch und die Höhe abhängig von der Fahrwerkseinstellung.

Gewicht

In Sachen Gewicht mögen die Fahrzeuge auf den ersten Blick ähnlich sein, doch sie sind unterschiedlicher als man denkt. Im Motorsport machen ein paar Kilos nämlich schon einen großen Unterschied. Dabei geht es nicht nur um das pure Leistungsgewicht (siehe unten) sondern auch um die Kurvenlage und die maximale Querbeschleunigung. Möglich wird das Abspecken der Rennwagen gegenüber des Serienmodells durch den Einsatz leichter und meistens auch teurer Werkstoffe wie Titan, Magnesium, Carbon und Co.

Bitte bedenkt beim Lesen dieser Zahlen, dass diese sich durch Reglement und Balance of Performance immer wieder leicht ändern können.

Reifen

Die Reifen sind die Verbindung zwischen Fahrzeug und Straße bzw. Rennstrecke. Während die Rennfahrzeuge bei trockenen Bedingungen mit profillosen Slicks extrem viel mechanischen Grip aufbauen können, muss das Straßenmodell selbstverständlich mit profilierten Reifen fahren.

Zu den Reifendimensionen des Porsche 991 GT3 R habe ich leider keine Informationen gefunden.

Ausstattung & Besonderheiten

Die Ausstattung der Fahrzeuge ist selbstverständlich auch abhängig von ihrem Anwendungsbereich. Statt Radio gibt es in den Rennfahrzeugen beispielsweise eine Funkanlage. Die weiteren Unterschiede könnt ihr der Tabelle entnehmen:

Falls ihr jetzt denkt, dass Klimaanlagen nur etwas für Weicheier sind und unnötiges Gewicht darstellen: Per Reglement schreibt die FIA im Cockpit Maximaltemperaturen vor, die die Hersteller einhalten müssen, um die Gesundheit der Fahrer nicht zu gefährden. Ohne Klimaanlage können es schnell mal 50 Grad oder mehr im Auto werden.

Weitere Besonderheiten der Rennfahrzeuge sind, dass diese voll verschweißte Sicherheitszellen (Überrollkäfig) und Sicherheitstanks nach FIA-Standard haben, die Fahrwerke voll einstellbar sind und sie über pneumatische Hebesysteme verfügen. Beim Boxenstopp wird Druckluft an das Auto angeschlossen und mehrere Stempel fahren aus dem voll verkleideten Unterboden des Fahrzeugs aus und heben es an. 6-Punkt-Gurte, leer geräumter Innenraum und Gewichtsersparnis an allen Ecken und Enden gehören im Motorsport selbstverständlich auch zum guten Ton.

Aerodynamik

Jetzt geht es um Anpressdruck! In dieser Disziplin unterscheidet sich ein Fahrzeug ganz besonders von den anderen: Der 911 RSR generiert nämlich mit Abstand am meisten Anpressdruck. Dies ist durch die Positionierung des Motors möglich. Dieser ist quasi verkehrt herum montiert. Statt hinter der Hinterachse befindet er sich vor der Hinterachse und erst dahinter ist das Getriebe angeflanscht. Dies verbessert neben dem Schwerpunkt vor allem die Möglichkeiten in Sachen Aerodynamik.
So können die 911 RSR seit dem Modelljahr 2017 mit einem ähnlich großen Diffusor wie die Konkurrenten mit Front oder Mittelmotor fahren und dadurch zusätzlichen Anpressdruck generieren.

Porsche 911 RSR LM-GTE im Vergleich. Gut zu erkennen ist der größere Diffusor beim neueren Modell.

Beim 911 RSR ist der Heckflügel außerdem mit sogenannten Schwanenhälsen aufgehangen. Das heißt, dass die Streben, die den Flügel in Position halten, an der Oberseite befestigt sind, was die aerodynamische Effizienz der Unterseite erhöht.

Porsche 911 RSR im Rothmans-Look für Le Mans 2018 (Foto: Porsche)

911 GT3 RS, GT3 Cup und GT3 R haben allerdings auch jeweils ziemlich ausladende Heckflügel und kleinere Diffusoren, deren Effekt auch nicht zu vernachlässigen ist. Beim 911 GT3 R und 911 RSR ist der Kühler außerdem mittig im Bug platziert und die Luft wird durch die Fronthaube abgeleitet, was aerodynamisch effizienter ist, als die seitliche Anordnung der Kühler.

2019 Porsche 911 GT3 R – 991.2 (Foto: Porsche)

Ein weiterer, wichtiger Unterschied: Während die Frischluft beim Straßenmodell, beim GT3 R und beim RSR durch Lufteinlässe vor den Hinterrädern zum Motor gelangt, sind diese GT3 Cup verschlossen bzw. nicht vorhanden und die Luft wird über eine Hutze auf dem Heckdeckel zum Motor geleitet.

Bei 911 GT3 RS und GT3 R befinden sich außerdem große Luftauslässe hinter den Vorderrädern um Luft aus dem Radkasten zu leiten und den Auftrieb zu minimieren.

Preis

Jetzt kommen wir zur großen Preisfrage. Welchen kann ich mir leisten?

Wie man an den Preisen sieht, ist der GT3 R wesentlich teurer, als der GT3 Cup. Letzterer kann allerdings bei Manthey Racing für vergleichsweise kleines Geld zum GT3 Cup MR aufgerüstet werden und spielt dann fast in einer Liga mit den GT3 R spielen. Zumindest für die VLN ist diese Vorgehensweise echt interessant.

Während die anderen Fahrzeuge in relativ großer Stückzahl gebaut werden und Porsche damit Geld verdienen kann, gibt es von den 911 RSR nur eine Hand voll Fahrzeuge, die nur an einzelne wenige Kunden wie Project1 verkauft werden.

Erwartungsgemäß ist keins der Fahrzeuge besonders günstig. Neben dem Kaufpreis müssen bei den Rennfahrzeugen außerdem noch viele Euros für Ersatzteile, Wartung und Reifen eingeplant werden.

Video-Vergleich von Grip

So und wie versprochen hier das Video vom Vergleichstest von Grip auf dem Lausitzring. Hier wurde allerdings der Porsche 911 GT3 als Straßenfahrzeug mit den Rennfahrzeugen verglichen.

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