Morgens um 8 sind Sascha und ich in Richtung Nordschleife aufgebrochen. Voller Vorfreude auf die neue Saison konnte wir es kaum abwarten, dass das Rennen endlich los geht.
Nach einem kurzen Abstecher zum Devil’s Diner (wird in diesen Tagen neu eröffnet) an der Döttinger Höhe, haben wir uns auf in die Boxengasse gemacht, um den Autos vor dem Rennen nochmal richtig nahe zu kommen bevor die wilde Hatz los geht. Besonders der BMW Z4 GT3 von Walkenhorst Motorsport, der von JP Performance neu foliert wurde, der brutale Bentley Continental GT3 und der neue Audi R8 LMS haben es uns angetan.
Den Start des Rennens haben wir dann auch noch vom Dach der Boxengasse aus beobachtet und sind danach zum Wehrseifen gefahren, wo sogar die Sonne geschienen hat.
Dort haben wir ein bisschen das Renngeschehen beobachtet und besonders gespannt die beiden Scuderia Cameron Glickenhaus SCG003 erwartet. Diese haben wir allerdings leider nur einmal kurz gesehen – in der letzten Runde, bevor sie wegen zu hoher Lautstärke disqualifiziert wurden (mehr Infos hier: SCG003C Sound Special – Zu laut für die Nordschleife). Als dann ohne erkennbaren Grund gelbe Flaggen geschwenkt wurden und von weiter weg Martinshorn zu hören war habe ich schon ein schlechtes Gefühl gehabt.
Tragischer Unfall am Flugplatz
Wenig später die traurige Erkenntnis: Rennabbruch nach einem schweren Unfall am Flugplatz. Jann Mardenborough war am Steuer eines Nissan GT-R GT3 von der Strecke abgekommen und hinter dem Fangzaun zum liegen gekommen. Dabei wurde ein Fan so stark verletzt, sodass er noch im Medical Center verstarb, weitere Fans wurden verletzt und in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Mittlerweile sind diese wieder wohlauf und wurden aus dem Krankenhaus entlassen (Quelle: auto-motor-und-sport.de).
Wie konnte dieser schreckliche Unfall passieren?
Ich möchte an dieser Stelle keine Fotos oder Videos von dem Unfall zeigen, da ich weder damit, noch mit reißerischen Schlagzeilen um Klickzahlen kämpfen möchte. Wer trotzdem am Unfallhergang interessiert ist, kann sich den Bericht inkl. Video auf bridgetogantry.com oder dieses Video auf Twitter anschauen.
Das bei einem Rundstreckenrennen Zuschauer zu Schaden kommen ist zum Glück ziemlich selten heutzutage. Wie konnte also dieser schreckliche Unfall passieren?
Der Flugplatz ist bekannt dafür, dass die schnelleren Autos hier mit allen vier Rädern abheben. Hebt die Vorderachse dann zu weit ab, kann die Luft ungehindert unter den glatten Unterboden der Rennwagen greifen und dieser steht plötzlich senkrecht in der Luft oder überschlägt sich sogar. Dass es gestern auch noch sehr windig an der Nordschleife war, spielt da sicherlich auch eine Rolle.
Passiert sind solche Unfälle in der Vergangenheit beispielsweise bereits in Le Mans (Video) – allerdings immer mit leichten, schnellen Prototypen und nicht mit einem “schweren” GT3-Fahrzeug.
Schuld beim Fahrer? Nein!
Wie Mike Frison hier schon geschrieben hat: Dem Fahrer jetzt die Schuld zu geben und ihm mangelndes Können vorzuwerfen, da seine Karriere an der Playstation begann finde ich absolut falsch! Jann Mardenborough wurde zwar tatsächlich durch seine Erfolge in der Rennsimulation Gran Turismo entdeckt, besitzt aber trotzdem schon einiges an Erfahrung in echten Rennwagen und selbstverständlich auch die nötigen Lizenzen, um dort überhaupt fahren zu dürfen. In seiner Jugend fuhr er bereits Kart und seit 2011 als Fahrer für Nissan in diversen Rennserien. Darüber hinaus soll er auch für Nissan im GT-R LM NISMO am 24 Stunden Rennen von Le Mans teilnehmen.
Wie geht es jetzt weiter?
Der DMSB hat vorerst die Fahrzeuge der schnelleren Klassen von Rennen auf der Nordschleife ausgeschlossen, bis der Unfall vollständig aufgeklärt ist (Mehr: Nach tragischem Unfall: DMSB sperrt GT3-Fahrzeuge für die Nordschleife). Ob und in welchem Umfang es dann mit VLN und dem 24 Stunden Rennen weiter geht ist natürlich fraglich, da bereits in 13 Tagen das Quali-Rennen und in 6 Wochen das 24 Stunden Rennen statt finden soll.
Am Flugplatz werden die Zuschauer in Zukunft sicherlich weiter weg von der Strecke müssen, was ich aber richtig finde.
Unser Mitgefühl gilt nun Familie und Freunden des verstorbenen Fans und wir wünschen den Verletzten eine schnelle Genesung. Auch nicht vergessen werden sollte Jann Mardenborough, der sich sicherlich große Vorwürfe macht und mit sich kämpfen muss, bevor er wieder in ein Rennauto steigt.
VLN 1 2015 – Eindrücke aus Boxengasse und vom Wehrseifen
Lesetipp
Offizielle Stellungnahme des Veranstalters: vln.de
“VLN – Nürburgring-Tragödie: Was passierte wirklich?” motorsport-magazin.com