Doch fangen wir mal von vorne an: Wie ich bereits berichtet hatte, sollte ich kurzfristig als Copilot bei Uwe Wagner im BMW E36 M3 eingespringen und hatte die Papierabnahme und die technische Abnahme überstanden.
Am nächsten morgen ging es dann früh los. Ich musste kurz nach 8 aus dem Haus und da gab es schon die ersten Probleme. Der Netzausfall bei der Telekom trug nicht gerade dazu bei, dass meine Aufregung sich etwas legt.
Nachdem ich Uwe abgeholt hatte, sind wir ins Rallyezentrum nach Heinebach gefahren, um meinen geborgten Helm vorzuzeigen.
Aufschrieb erstellen
Danach hab ich Uwe ans Steuer gelassen und selber Bordbuch und Collegeblock in die Hand genommen. Das Bordbuch beschreibt den Teams die Route, die diese im Laufe des Tages mit dem Rallyeauto befahren müssen. Ein Teil dieser Route sind die Wertungsprüfungen, also abgesperrte Straßen, die auf Zeit befahren werden.
Damit der Pilot auf den Wertungsprüfungen immer weiß, was ihn hinter der nächsten Kurve erwartet, liest der Copilot (also ich) aus dem Aufschrieb vor, wie die Strecke verläuft. Kleine Kostprobe gefällig?
Start
Links 3 lang
in Rechts 3+
100
Rechts 4+ über Kuppe
150
Links 5 lang
…
Und genau diesen Aufschrieb hat Uwe mir beim Abfahren der Wertungsprüfungen diktiert. Meine Aufgabe bestand darin, die Kurvenfolgen möglichst schnell, aber trotzdem verständlich aufzuschreiben, damit ich später nicht den Überblick verliere.
Anekdoten, wie „hier bin ich vor ein paar Jahren mit dem Auto ins Feld geflogen“ haben mich natürlich aufgemuntert.
Darauf folgte erstmal eine Frühstückspause bei Uwe im Garten (immerhin ist es unsere Heimrallye). Ich hab mich dann doch getraut etwas zu essen, obwohl anscheinend nicht nur einem von Uwes Beifahrern in der Vergangenheit im Auto übel wurde.
Zurück im Rallyezentrum habe ich den Aufschrieb nochmal ordentlich ins reine geschrieben, während meine Aufregung sich immer weiter steigerte. Immer im Hintergrund der Gedanke: „Nachher fahren wir noch viel schneller da lang und du darfst dir keine Fehler erlauben, obwohl du noch nie in diesem Auto gesessen hast.“
Danach noch schnell umgezogen und auf Klo. Irgendwie wurde mir trotz angenehmer Temperaturen schon total heiß, obwohl ich noch nicht mal im Auto saß…
Uwe hat mir noch kurz die Bordkarte erklärt und dann mussten wir schon ins Auto…
…damit wir zu unserer gegebenen Startzeit an der ZK stempeln konnten, ohne gleich die erste Strafe zu kassieren.
Und Action!
Auf dem Weg zur ersten WP „Rundkurs Licherode“ fiel meine Aufregung zunächst etwas ab, da ich endlich im Auto saß. Außerdem ist es schon ziemlich cool, wenn einem die Kinder im Dorf zuwinken und einen bewundern.
An der Zeitkontrolle vor dem Start ging mir dann richtig die Pumpe. Immerhin wusste ich bisher nicht mal, wie stark die Beschleunigung im Auto ist und wie laut es wird. Dazu gingen mir wieder Kommentare, wie „Hut ab, Feuertaufe im M3… Muss man sich auch erstmal trauen!“ durch den Kopf.
Wir standen dann natürlich noch knapp eine Minute am Start und ich hab die anderen Fahrzeuge vorbeifahren sehen. Volle Konzentration & volle Aufregung!
Auf den ersten 10 Metern dachte ich dann nur „Uff geht der vorwärts!“. Die nächsten Minuten war ich dann so konzentriert auf meinen Aufschrieb und das Rundenzählen, dass ich für Angst oder andere Gedanken zu meiner derzeitigen Situation gar keine Zeit mehr hatte.
Leider habe ich in der Aufregung vergessen meine ersten Meter als Copilot festzuhalten, aber da WP4 erneut der Rundkurs Licherode war, hatte ich eine Zweite Chance die GoPro rechtzeitig zu starten.
Im Ziel der ersten Wertungsprüfung standen wir mit gemischten Gefühlen. Ich war einfach nur begeistert und glücklich, dass wir gut durchgekommen waren und mir weder übel, noch Angst und Bange geworden ist.
Allerdings sagte Uwe, dass er mich total schlecht verstehen würde, weil die Gegensprechanlage immer wieder Aussetzer hätte. Unterwegs probierten wir noch viel rum, aber die Aussetzer bekamen wir nicht in den Griff.
Auf WP1 folgte selbstverständlich WP2: „Stock retoure“ hieß diese WP, die auch meinen vollen Respekt hatte, da ich die Strecke recht gut kenne.
Dass die Starterin kurz vom M3 angestupst wurde, sorgte kurz vor dem Start nochmal für etwas Erheiterung im Cockpit.
Nach dem Stock war der Rundkurs in Sterkelshausen an der Reihe, von dem es leider keine Onboard-Aufnahmen gibt, da ich im ersten Durchgang vergessen habe die Kamera ein zu schalten und im zweiten der Akku leer war.
Der Rundkurs hatte trotz seiner Kürze einige Tücken: Auf eine Kuppe folgte ein Abzweig, den Uwe einmal nicht richtig traf, weil er zu spät gebremst hat. Beim resultierenden Dreher haben wir sicherlich um die 10 Sekunden verloren.
In der langen Linkskurve auf die Hauptstraße ging der BMW allerdings auch mal ordentlich quer, was mir ein heiteres Grinsen ins Gesicht gezaubert hat.
Nach drei Wertungsprüfungen war Regrouping und eine kurze Pause für uns angesagt. Beim Blick auf mein Handy musste ich schon wieder grinsen: Eine ganze Reihe Nachrichten von Familie und Freunden, die sich alle nach meinem Wohlbefinden erkundigen wollten. Was blieb mir da anderes zu sagen, als dass es mir super geht und ich mich jetzt schon auf die nächste Rallye freue?!
Die zweite Schleife überstanden wir dann auch ohne größere Probleme. Das Getriebe wollte zwar am Ende nicht mehr so richtig, aber viel Zeit hat uns das nicht gekostet.
Im Ziel war ich erschöpft aber auch mega stolz darauf, dass ich meine erste Rallye mit Erfolg gemeistert hatte.
Für uns sprang der 11. Platz von über 90 Teilnehmern heraus und den dritten Platz in unserer Klasse sicherten wir uns auch. Ohne den Dreher wäre auf jeden Fall ein Top-10-Ergebnis drin gewesen!
Zum Schluss noch ein dickes Dankeschön an: Uwe (für die Chance im BMW M3 eine Rallye zu erleben), Max (für Klamotten, Helm und HANS), Michaela (für den Copiloten-Crashkurs und die Unterstützung), Heiko Fischer (für das kurzfristige Ausborgen seines Helmes) und alle anderen, die mich unterstützt haben!
Galerie: Rallyeteam Wagner/Laudemann – Rallye Rund um den Alheimer 2016
– Fotos: addicted2motorsport/Leonie Ullrich, Digitalfoto Hamm/Jörg Rautenbach, Nils Pfennig Rallyefotografie, Tommaso Juliano