In der Serie 'Nie richtig ins Rollen gekommen' möchten wir in Zukunft Rennfahrzeuge vorstellen, die nie über den Status eines Prototypen hinaus gekommen sind oder nach wenigen Rennen wieder im Museum verschwunden sind. Falls ihr interessante Vorschläge für weitere Fahrzeuge habt, könnt ihr uns diese gerne per Nachricht oder Kontaktformular vorschlagen.
Heute soll es bei „Nie richtig ins Rollen gekommen“ um den McLaren MP4-18 gehen, welcher nie bei einem Grand Prix gestartet ist. Ich greife mal vor und beginne direkt mit dem Fazit, welches dessen Designer schlussendlich gezogen hat. Offenbar greift auch der Star-Designer Adrian Newey mal leicht daneben:
2003 habe ich das schlimmste Auto abgeliefert, das ich jemals entworfen habe. Es war zu ambitioniert und aerodynamisch viel zu heikel.
Adrian Newey (motorsport-total.com)
Doch erstmal zurück zum Anfang der Geschichte: Der McLaren MP4-18 ist eines der Autos, das ich nach dem lesen zahlreicher Motorsport-Zeitschriften mit Spannung herbeigesehnt hatte, weil es als sehr neu und spektakulär angekündigt wurde. Am Ende habe ich es nie bei einer Liveübertragung der Formel 1 zu sehen bekommen. Das liegt daran, dass McLarens Fahrzeug für die Saison 2003 nie über die Testphase hinaus kam.
McLaren hatte 2002 mit dem MP4-17 gegen den Ferrari F2002 eine eher schwache Saison gehabt und deswegen beauftragte Teamchef Ron Dennis das Designteam rund um Adrian Newey (welcher mittlerweile für Red Bull arbeitet und den Aston Martin Valkyrie mit entwickelt hat) damit ein komplett neues Auto zu konstruieren, welches in allen Bereichen neue Maßstäbe setzen sollte.
Radikal neu: Der McLaren MP4-18
Wie manche andere Teams es zu dieser Zeit auch taten, startete McLaren noch mit dem weiterentwickelten Vorjahreswagen MP4-17D in die neue Saison. Spätestens beim sechsten Rennen der Saison (Österreich) sollte dann eigentlich der neue MP4-18 zum Einsatz kommen. Doch bei Tests traten einige schwerwiegende Probleme auf, sodass Kimi Räikkönen und David Coulthard auch danach noch mit dem alten Auto fahren mussten.
Mit der schmalen und kurzen Nase und den eng eingezogenen Seitenkästen übernahm McLaren beim MP4-18 den Ansatz des Ferrari F2002 und setzte diesen noch extremer um. Ziel war es mehr Luft zum Heck zu leiten, um diese dort für die Generierung von Abtrieb zu nutzen. Sogar die Idee vom angeblasenen Diffusor sollte bei diesem Fahrzeug wieder ordentlich umgesetzt werden, seitdem diese in den 90er Jahren zunächst verboten worden war.
Problem bei dieser Konstruktion war allerdings, dass es aufgrund der kleinen Lufteinlässe in den Seitenkästen und der allgemein sehr engen Konstruktion oft zu Hitzeproblemen kam. Davon war nicht nur das Triebwerk, sondern auch Getriebe und Teile der Aufhängung betroffen, die allesamt die Hitze über eine Renndistanz nicht aushielten. Gerade das neu konstruierte Getriebe aus Titan und Kohlefaser war anfällig. Bei Motorschäden kam es außerdem mehrmals vor, dass die Bremsleitungen durchtrennt wurden und Testfahrer Alex Wurz plötzlich nur noch Passagier war. Glücklicherweise kam er immer mit dem Schrecken davon.
Die Testfahrer bemängelten außerdem das oft unvorhersehbare Fahrverhalten, welches vor allem durch den angeblasenen Diffusor verursacht wurde. Je nach Motordrehzahl ändert sich nämlich der Luftstrom am Diffusor und damit auch der Anpressdruck am Heck. Man kann diesen Effekt mit Hilfe verbesserter Motorenmappings zwar etwas kontrollieren, aber perfektioniert hatte McLaren dies lange nicht. Im Laufe der Tests entschloss man sich deswegen, die Endrohre doch ganz klassisch an die Oberseite des Autos zu verlegen.
Trotzdem nahmen die Pannen kein Ende. Es brachen Aufhängungsteile oder der Unterboden. Zudem bestand das Fahrzeug die Crashtests der FIA nicht. Es ging soweit, dass Alex Wurz auf dem Weg zurück zur Box in Silverstone seinen Teamchef anrief und ihm sagte, dass er dieses Auto nicht mehr fahren würde. Minuten zuvor war das Auto mit ihm hinter dem Steuer bei einem weiteren Unfall in zwei Teile zerbrochen.
Doch nicht nur Fahrer standen mit dem MP4-18 auf dem Kriegsfuß. Die Mechaniker beschwerten sich darüber, dass das Fahrzeug wegen der engen Bauweise nur schwer und umständlich zu reparieren war. Und gerade zu reparieren gab es an diesem Fahrzeug genug.
Bis zum August 2003 wurde der McLaren MP4-18 getestet und dessen Rennepremiere immer wieder verschoben, bis man sich entschloss die Entwicklung einzustellen und mit den Arbeiten am Fahrzeug für 2004 zu beginnen. Währenddessen hatte Kimi Räikkönen noch bis zum Ende der Saison mit einem ‚alten‘ Auto gegen Michael Schumacher um die WM gekämpft und den Titel nur um zwei Punkte verpasst…
Der Nachfolger: McLaren MP4-19
McLaren übernahm beim M4-19 viele Ideen von diesem „Schuss in den Ofen“. Diese stellten sich nicht alle unbedingt als brauchbar heraus. Kimi Räikkönen und David Coulthard hatten auch 2004 so ihre Probleme mit dem Auto.
Bei anderen Teams wurde das extreme Design des McLaren MP4-18 übrigens erst in den nächsten Jahren umgesetzt und ausgearbeitet. Den von Abgasen angeblasenen Diffusor perfektionierte Adrian Newey sogar erst zehn Jahre später bei Red Bull, zu denen er 2005 gewechselt war. Das Auto war definitiv seiner Zeit voraus – setzte aber deutliche Zeichen für die Zukunft der Formel 1.
Vielen Dank für die Tipps Andi H.