„Früher oder später werden die schnellen GT3-Fahrzeuge, welche seit Jahren die Königsklasse in der VLN bilden, aus der Grünen Hölle verbannt…“
Genau das hatte ich erst vor ein paar Tagen geschrieben, als es um den VLN Rückzug von Frikadelli Racing und das Wochenspiegel Team Monschau ging.
Wer sich momentan auf Facebook und Co Kommentare zum Thema durchliest, kann teilweise nur mit dem Kopf schütteln. Da wird gefordert, dass die GT3-Teams (und SP-Pro, SP-X usw.) allesamt aus Protest den Rennen fern bleiben sollten. Mal abgesehen davon, dass die Teams ihren Fahrern und Sponsoren gegenüber die Rennteilnahme aber schuldig sind, sollten wir lieber die GT3 auf der Nordschleife genießen, so lange sie noch da sind.
Denn die Rundenzeiten sinken trotz regelmäßiger Einbremsungen der Fahrzeuge von Jahr zu Jahr. Kaum verwunderlich, da die Hersteller Jahr für Jahr neue Updates und EVO-Modelle rausbringen, die noch ein paar Zehntel bringen und ihre Fahrzeuge im internationalen GT-Sport auf Augenhöhe mit der Konkurrenz bleiben. Die ständigen Verbesserungen am Fahrbahnbelag der Nordschleife tragen außerdem dazu bei, dass die GT3 mittlerweile schon wieder schneller sind als vor dem tödlichen Unfall im März 2015. Seitdem steht die Nordschleife nämlich schon unter besonderer Beobachtung.
2014 und Anfang 2015 waren die Zeiten der Top-Fahrzeuge leicht unter der 8 Minuten-Grenze. Mittlerweile fahren die Schnellsten trotz mehr Bodenfreiheit und weniger Leistung schon Zeiten in Richtung 7:50 min.
Der Motorsport ist nun mal ein ständiges hin und her zwischen den immer schnelleren Fahrzeugen und der FIA, die diese im Sinne des Motorsports einbremst. Auch wenn sich die Meinung laut den Kommentaren im Internet hartnäckig hält: FIA-Präsident Jean Todt und seine Jungs sitzen nicht einmal die Woche zusammen und überlegen sich, wie sie den Motorsport möglichst langweilig und unattraktiv machen können, sondern wie man diesen in Zeiten von Umweltschutzmaßnahmen, Dieselfahrverboten und Co. möglichst sicher und trotzdem spektakulär gestalten kann ohne sich durch schwere Unfälle angreifbar zu machen.
Es geht bei der aktuellen Diskussion im Endeffekt einzig und alleine darum ob die GT3-Fahrzeuge überhaupt noch auf der Nordschleife zugelassen werden bzw. zeitgemäß für eine solche Rennstrecke sind. Die Freigabe für diese Fahrzeugklasse auf der Nordschleife läuft nämlich im April aus und sollte die FIA mit den geforderten Maßnahmen des DMSB nicht zufrieden sein und ein zu hohes Sicherheitsrisiko sehen, werden entweder Schikanen auf der Nordschleife errichtet – und das will nun wirklich niemand – oder eben die GT3 ganz verboten. Der DMSB steht also stark unter Druck. Die VLN als Veranstalter kann nur zusehen und muss die vorgegebenen Regeln umsetzen.
[aawp bestseller=“Nordschleife“ items=“1″ template=“list“]Der Aufschrei, dass die BoP-Anpassungen bzw. die Reduzierung der Motorleistung so kurzfristig kurz vor dem Start der Saison erfolgen, kann ich nicht so ganz verstehen. Im Rahmen des 24h-Rennens wird die BoP oft noch während des Rennwochenendes angepasst und bisher hat noch kein Team deswegen am Freitag Abend zusammengepackt und ist heim gefahren.
Die Geschichte wiederholt sich
In der Vergangenheit mussten übrigens auch schon andere beliebte Rennserien die Nordschleife verlassen, weil sie zu schnell und gefährlich wurden bzw. die für normale Rundstrecken optimierten Fahrzeuge nicht mehr sinnvoll an die Besonderheiten der Nordschleife angepasst werden konnten. Kommentare wie „Früher hat das doch auch keinen gestört“ kann ich nicht verstehen. Was meint ihr denn, wieso Formel 1, Gruppe C und DTM nicht mehr auf der Nordschleife fahren?
Niki Laudas Feuerunfall, Stefan Bellofs Abflug, bei dem er zum Glück glimpflich davon kam, und Ellen Lohrs Unfall im Hatzenbach waren allesamt gute Gründe diese Rennserien von der Nordschleife zu verbannen. Gegen den technischen Fortschritt und die Tatsache, dass die Fahrzeuge immer schneller werden kann man als Motorsportbehörde auf die Schnelle eben nicht viel mehr machen als die Motorleistung zu regulieren.
Als Lösung für die Einbremsung der Fahrzeuge wurden auch noch andere Vorschläge gemacht, die aber auch allesamt ihre Nachteile haben. Größere Änderungen in der Aerodynamik wären teuer und aufwendiger, da alle GT3 in ihrer Balance geändert werden würden und stark von den regulären und homologierten GT3 abweichen würden. Eine Drosselung der Motorleistung aller Fahrzeugklassen, die auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, da dann die GT3 problemlos auf den Geraden überholen könnten, ist auch quasi unmöglich: Die meisten der Fahrzeuge in den kleineren Klassen müssen bisher nicht mal einen Airrestrictor haben und die Kosten, die solche Umbaumaßnahmen mit sich bringen würden, wären für die kleinen Teams wohl kaum tragbar.
Zukunft ohne GT3 vorstellbar?
Springen wir mal eine paar Jahre zurück: Bevor die GT3 auf die Nordschleife kamen, gab es schon viele Jahre tollen Motorsport in der Grünen Hölle. Auch ohne diese Fahrzeuge. Die Zakspeed Viper, Uwe Alzens Turbinchen, der Getrag Z4 oder der Eifelblitz BMW waren alles andere als unspektkulär. Zudem machten solche Eigenkonstruktionen der Teams den Motorsport auf der Nordschleife gerade so einmalig.
Wäre es dann wirklich so schlimm, wenn in naher Zukunft die GT3 von der Nordschleife verbannt werden und die GT4, SP8-T und Co die Speerspitze der VLN bilden würden? Klar sehe ich mir die GT3 gern an, aber früher oder später werden wir uns sowieso damit abfinden müssen, dass man diese Fahrzeuge nicht mehr sinnvoll Einbremsen kann und sie deswegen verboten werden. Ganz nebenbei sind die GT4 bisher auch deutlich günstiger einzusetzen und könnten neue Teams anlocken.
Bedenken sollte man außerdem, dass die erste Generation GT3-Fahrzeuge wie der Porsche 997 GT3 Cup S optisch und leistungstechnisch gefühlt nicht so besonders weit von den heutigen GT4-Fahrzeugen entfernt gewesen sein dürften. Oben genannter GT3 Cup S leistete zum Beispiel „nur“ 440 PS und war aerodynamisch nicht besonders weit weg vom Serienmodell.
Was auch immer die Zukunft bringt: Ich hoffe, dass in dieser und den folgenden Saisons noch möglichst viele Teams ein GT3-Fahrzeug einsetzen. Wir als Fans an der Strecke werden von der Reduzierung der Motorleistung um 5% sowieso nichts merken. Vielleicht kommt sogar mehr Spannung auf, weil mal ein Fahrzeugs aus der SP8 oder SP7 die großen ärgern kann. Wenn die Ära der dicken GT3 Boliden vorbei sein sollte, werde ich jedenfalls der Nordschleife trotzdem nicht den Rücken kehren.